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PolitikAsien

In Thailand stehen die Zeichen auf Sturm

11. August 2020

Eine junge Generation von Thais geht seit Wochen gegen das Militärregime und die Monarchie auf die Straße. Wie in der Vergangenheit ist ein gewalttätiges Ende wahrscheinlich, meint Rodion Ebbighausen.

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Thailand Bangkok | Protest gegen die Regierung
"Je länger ihr bleibt, desto größer ist die Verwüstung - Tretet ab!" - Demonstranten in BangkokBild: Getty Images/AFP/A. Jones

Die jungen Thais haben die Nase voll von der Regierung. Sie fordern eine Rückkehr zur Demokratie, die Auflösung des von der Militärjunta nach ihren Vorstellungen besetzten Parlaments, eine neue Verfassung und eine Monarchie, in der der Macht des Königs klare Grenzen gesetzt sind. Es geht um nicht weniger als ein neues Thailand.

Bemerkenswert ist die Schärfe, mit der die Demonstranten den König und dessen Privilegien attackieren. Vor einigen Monaten noch galt das Königtum als unantastbare Säule des politischen Systems. Doch am Dienstag (11.08.) haben Studenten der Bangkoker Thammasat Universität eine Deklaration veröffentlicht, in der sie unter anderem die Abschaffung des Lèse-majesté-Gesetzes fordern, das Kritik am Königshaus mit bis zu 15 Jahren Gefängnis ahndet. Es wurde in der Vergangenheit immer wieder genutzt, um Regimekritiker zu verhaften.

Vermeintlicher Hass auf die Nation

Militär und Sicherheitsorgane gehen mit Verhaftungen und Einschüchterung gegen die Demonstranten vor. Apirat Kongsompong, Oberbefehlshaber der Königlich Thailändischen Armee, sagte bei einer Rede vor Kadetten, dass in Thailand eine politische Krankheit - der Hass auf die Nation - ausgebrochen sei. Im Gegensatz zu COVID-19 sei diese Krankheit unheilbar.

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DW-Redakteur Rodion EbbighausenBild: DW

Für Apirat und die Unterstützer von Militärregierung und Monarchie ist klar, dass die "unheilbaren" Demonstranten nie zufrieden sein werden mit der Politik des Landes und der Monarchie. Mit Verrückten könne man nicht reden, sie gehörten daher eingesperrt, so die Logik. Tatsächlich wurde der Aktivist Tiwakorn Vithiton zwangsweise in eine psychiatrische Klinik eingewiesen, weil er ein T-Shirt trug, auf dem stand: "Ich habe den Glauben an die Monarchie verloren".

Angesichts dieser Ausgangslage gibt es nur zwei Optionen: radikale Reformen oder massive Repression. Die Zeichen stehen auf Repression, denn: Die Forderungen der Studenten sind so weitgehend, dass es kaum vorstellbar ist, dass Regierung und Königshaus ihnen zustimmen werden. Andererseits weigern sich Militär und Monarchie auf jede, auch berechtigte Kritik einzugehen.

Das Thammasat Massaker

Thailands sozialen Medien und viele Experten erinnert die aktuelle Situation an 1976. Am 6. Oktober gingen damals die thailändische Polizei und konservative Schlägertrupps gegen linke Demonstranten vor, welche die Thammasat Universität besetzt hatten. Offiziell wurden 46 Menschen getötet, Beobachter und Menschenrechtsorganisationen gehen jedoch von mehr als 100 Opfern aus. Mehr als 3000 Studenten und Demonstranten wurden verhaftet. Die Täter wurden nie zur Rechenschaft gezogen.

Es ist eine Tragödie, aber eine Wiederholung des Massakers von 1976 ist angesichts der aktuellen Polarisierung wahrscheinlich. Für das kommende Wochenende haben die Studenten neue Demonstrationen angekündigt.

Rodion Ebbinghausen DW Mitarbeiterfoto
Rodion Ebbighausen Redakteur der Programs for Asia